Eine satirische Zukunftsdystopie
Manfred Haferburg
28.06.2023 14 min
Zusammenfassung & Show Notes
Wie immer wachte Hanno ein paar Minuten vor der offiziellen Klimaweckzeit auf. Aufstehen nach Sonnenaufgang, zu Bett gehen vor Sonnenuntergang, so sparten die Deutschen den Lichtstrom.
Geschrieben von Manfred Haferburg .::. Gelesen von Alexander Beer .::. Musik von pixabay .::. Bilder von picsart Ki .::. Transkript von auphonic KI
Transkript
Wir Deutschen haben das Klima gerettet. Hurra! Der Beweis ist erbracht, Die
Erderhitzung ist nicht eingetreten, weil wir Deutschen uns zu angestrengt haben, nachhaltig, ökologisch ein Vorbild für die ganze Menschheit. Ja, so wollte Hanno leben eine Zukunftsdystopie.
Wie immer wachte Hanno ein paar Minuten vor der offiziellen Klima-Weckzeit auf,
Aufstehen nach Sonnenaufgang, zu Bett gehen vor Sonnenuntergang. So sparten die Deutschen den Lichtstrom.
Im Winter fand er das cool. Im Sommer eher nicht,
Der Organismus war durch das lange Training angepasst und Hanno freute sich darüber. Er hasste es, wenn er noch schlief und plötzlich der Lautsprecher krächzend optimistische Musik und Klimaweisheiten plärte,
Im ganzen Land war in jedem Wohnraum so ein Lautsprecher pflichtig,
Um die wichtigen Nachrichten im Kampf gegen die Klimakatastrophe frisch von der öffentlich-rechtlichen Klima-Radiostation zu vernehmen,
Aber wenn sie wenigstens eine anständige Soundqualität in die Dinger einbauen würden,
Die klärenden Plärre konnte man nicht leiser stellen. Das war technisch nicht vorgesehen. Und wer erwischt wurde, wer den Lautsprecher in eine Decke einwickelte,
dem wurden Sozialpunkte abgezogen. Da kannten die Klimagarden nichts.
Blieb noch ein paar Minuten liegen und hörte die Nachrichten des einzig zugelassenen Senders,
in hochwirksamen und nebenwirkungsfreien Impfmaßnahmen der WHO sei Dank, freute er sich zu hören Ist heute kein Pandemietag, heute ist keine Quarantäne. Kein Tagesimpfaufruf,
aber es wird von der Administration dringend angeraten, weiterhin die guten Gesten einzuhalten, Maske, Abstand, Leugner melden,
Es würde heute zum Glück keine gelben Seuchenfähnchen auf den Gehwegen, keine Sprühkommandos beim Desinfizieren der Korridore, keine Impfkontrolleure an den Ecken geben. Er durfte sein Zimmer verlassen, wann immer er wollte,
noch ein wenig träumerisch kam ihn in den Sinn, wir haben auf ganze Breite besiegt. Die Politik der Wenden war unglaublich erfolgreich, Deutschland hat als Vorreiter mehrere fulminante 360 Grad Wenden hingelegt,
Energiewende ist gelungen. Es gibt keine Atom- oder fossilen Kraftwerke mehr. Die Verkehrswende hat sich durchgesetzt. Es fahren keine Autos mehr auf den Straßen.
Ernährungswende hat die Ernährungsgewohnheiten umgekrempelt bei Gartenpartys grillen junge Männer Gemüse und trinken dazu stilles Wasser,
Die Agrarwende hat dafür gesorgt, dass die Tierzucht eingestellt wurde. Die Heizungswende war so erfolgreich, dass es kaum mehr Einfamilienhäuser gibt, höchstens ein Paar für die obersten Nachhaltigkeitsführer.
Die Wenden waren zum Glück unumkehrbar gemacht worden. Kraftwerke wurden gesprengt, Wissenschaft auf klimaschädliche Gebiete verboten, ausgebaute, neuwertige Gas- und Ölheizungen wanderten in Massen in den Ostblock,
Deutschland wurde unter der weisen Führung des großen Klimakanzlers auf Lebenszeit und darüber hinaus ganz und gar CO2 neutral,
Viel früher als alle anderen Länder, auch solche, die 100.000 Kilometer entfernt lagen. Wir Deutschen haben das Klima gerettet, der Beweis ist erbracht. Die Erderhitzung ist nicht eingetreten,
Weil wir Deutschen uns so angestrengt haben.
Ich habe mich nicht umsonst an Straßen, Bilder und Fahrzeuge angeklebt, um mich um Klimaleugnern anfeinden lassen,
Sogar in der Hamburger Philharmonie habe ich mich ans Dirigentenpult geklebt. Die Leute waren begeistert. Ich war ein richtiger Held.
Der ehemalige Bundeskanzler Erich Honecker hatte völlig recht. Als er sagte, den Klimawandel in seinem Lauf, den alten deutsche Vorreiter auf. Das Land wurde von den Erneuerbaren voll versorgt
auf jeden Quadratkilometer Deutschlands stand jetzt ein stolzes Windrad. Auf jedem Dach der vielen Massenwohnblöcke und überall am Wegesrand,
Glitzerten, die Solarkollektoren bläulich. Strom gab es jetzt angebotsorientiert, meist um Mittag, wenn die Sonne schien. Oder zur anderen Tageszeit als der Wind wehte. Die Wasserstoffgeneratoren genug Strom übrig ließen.
Es hatten sich ganz neue, hochqualifizierte Berufsgruppen herausgebildet, Windradflügereiniger zum Beispiel und Solarpanelwäsche.
Die Schwurbler hatten nicht recht behalten. Es hatte keine verheerenden Blackouts gegeben. Der Strom war nicht weg. Er war nun nicht immer da,
energieintensive Industrie hatte sich der großen Nachhaltigkeitsregierung sei Dank, schon vor Jahren vom Acker gemacht, brauchte eh keiner, wo
zu Aluminium schmelzen, wenn es kein Aluminium gab. Kein Mensch braucht mehr ein neues Flugzeug aus Aluminium, weil es ohnehin nur noch ein paar Regierungsflieger im Bestand gab,
und die Lichterfestfiguren zu Weihnachten wurden jetzt in nachhaltiges Zeitungspapier eingewickelt,
Schokolade gab es zum Wohl der Gesundheit und des Klima schon lange nicht mehr. Weihnachten war auch so ein klimaschädliches, reaktionäres Fest gewesen und Autos würden in Deutschland nicht mehr gebaut. Die paar Staatskarossen haben wir aus China.
Dachte an seine Eltern zurück. Seine Mutter, dieseUumweltschädigerin, hatte doch tatsächlich jeden Tag frische Unterwäsche angezogen,
was da die Waschmaschine an wertvollen Strom verbraucht hatte. Bei Hanno hielt ein Schlüpfer glatt drei Wochen durch, S
eine Mutter büßte jetzt ihre Klimasünden im Massenschlafsaal eines Pflegeheims ab. Das war ja auch irgendwie gerecht und vor allem sehr nachhaltig.
Anno hatte sie schon seit zwei Jahren nicht gesehen. Es war einfach zu weit fürs Fahrrad und Bahn fahren verbraucht so viele Energiepunkte, wenn überhaupt noch ein Zug ging. Draußen war es arschkalt.
Eine Bude war genauso kalt. Heizen war Klimaschädlich und daher eigentlich unbezahlbar.
Hannos Bleibe, ein genormtes Wohnklo im Neubaublock, ein Fenster, ein Bett, ein Stuhl, kein Schrank, ihm standen zwanzig Quadratmeter zu. Mehr wäre klimaschädlich.
Hanno besaß nichts und war glücklich. Ja, das Volkslastenfahrrad neben der Tür mit den großen runden VW-Zeichen, was schon sein eigenes.
Bisschen schlechtes Gewissen hat er ja schon deswegen, er tröstet sich damit, dass er das Fahrrad ja braucht, um den getrennten Müll vorschriftsmäßig zur Sammelstelle zu bringen,
potentiellen Klimasünden auf die Spur zu kommen,
Bei seinen freiwilligen Kontrolltouren eine Klimasünde sah, melde er es auf einer der unzähligen Meldeplattformen an den Klimagarden, die sich den Delinquenten umgehend verknüpften.
eulich haben sie auf seine Meldung hin ein Klimadesinteressierten Hops genommen. Da doch glatt während der Ansprache der Klimabürgerratsvorsitzenden im Gemeinschaftsfernsehenraum demonstrativ gegähnt hatte,
Sozialpunkt und drei grüne Joints hatte Hanno die erfolgreiche Meldung eingebracht. Er war immer noch entsetzt über die Unverfrorenheit des Klimaignoranten, Klima
desinteresse kam gleich nach Klimaleugnung.
atte sein tägliches Energiekontingent in ein warmes Gemüsecurry, aus der veganer Gemeinschaftsküche am Klimacampus,
und in das teilweise Aufladen der Batterie seines Lastenfahrrads und seines Handys investieren. Dabei konnte er noch von Glück reden, als verdienter Veteran der letzten Generation, bekam eine Sonderzuteilung für eine Kilowattstunde pro Tag.
Alles richtig gemacht. Hanno dachte Hanno erfreut,
Manchmal konnte er allerdings die Kilowattstunde nicht nutzen, weil er sie nicht bezahlen konnte. Dazu reiche das Salaire eines Klimaregulierers nicht immer. Die Zwölf-Stunden-Woche war durchgehend eingeführt worden. Das Gehalt war nicht so hoch
Das war ja auch gut fürs Klima. Der Gedanke an sein Energie-Sonderkontingent machte ihn Lächeln,
Die eiskalte Dusche aufdrehte und erstmal reinpinkeln. Vollstrahl, zum Wasser sparen,
Ja, jeder kleine Beitrag rettet das Klima. Auch dieser. Am Wochenende muss er mal wieder lauwarm duschen und Haare waschen, dachte er. Ich muss unbedingt versuchen, irgendwo Shampoo aufzuprallen.
Das tägliche kalte Duschbad hat ihn gut abgeerntet. Er hatte sich schon lange nicht erkältet. Gut so. Ein Arztbesuch kostete 1hundert Sozialpunkte, wer braucht denn sowas,
Außerdem gab es enorme Wartezeiten bei den Arztterminen. Es waren vor der Einführung des Fachkräfteauswandungsverhinderungsgesetzes zu viele Ärzte in die umliegenden Klimasünderländer abgehauen,
Heute ging das nicht mehr so einfach, jeder konnte zwar gehen, musste aber weiter in Deutschland Steuer zahlen und bekam seine Rente nicht hinterhergeschickt. Wäre ja noch schöner,
Zum Frühstück rührte sich Hanno einen köstlichen.
Er dachte daran, wie seine Eltern zum Sonntagsbrunch Rühreier mit Schinken in einer Pfanne gebraten hatten, als er noch klein war. Iggitt igitt igitt. Tierembryo mit ekligen Fleisch, zum Essen gebraten,
wie gesundheitsschädlich, was für eine Energieverschwendung.
Seit er sich, wie alle Klimabürger pflichtgemäß und konsequent nach der CEM-Methode gesunde Klimaveganerie ernährte, fühlte er sich gut,
es gab eh nicht viel anderes zu kaufen und ein paar Sozialpunkte gab's obendrauf. Aber nur wenn er penibel Buch darüber führte und die leeren Hirsepackungen bei der Papiersammelstelle ordnungsgemäß gegen einen grünen Joint eintauschte,
Auch unerwartete Vegankontrollen konnten immer und überall passieren. Zum Mittag würde sich einen leckeren Mehlwurm-Burger gönnen. Insekten waren erlaubt, wenn auch fast unzahlbar.
Ein Blick auf die Ladestandsanzeige der Batterie seines Lastenfahrers, der Marke Volkslaster sagte ihm, dass er die Steigung der Graichen Allee nur mit kräftigen Strampeln würde bewältigen können.
Strom war in seiner Bude seit einer halben Stunde abgestellt,
Ein Kontingent ist für heute verbraucht. Du könntest mehr tun, das Sparen jeder Kilowattstunde rettet den Planeten. Zeigt das Display auf den Smartmeter an. Hätte ich vorher abgestellt, gäbe es zehn Sozialpunkte von oben,
aber er musste heute unbedingt zu Mülltrennstelle fahren auf ein Lastenradcontainer war voller Umwelttüten,
die Bio-Tüte aus Umweltpapier suppte untenrum schon ziemlich geruchsstark Hanno fiel ein, dass er mal wieder Elter2 anrufen könnte.
Sie lebt am anderen Ende der Stadt in einer Null-Energie-Komune und es war ein bisschen zu weit mit seinem Volksfahrrad. Anno befiel es bei den Hardcore-Klimaschützern nicht so richtig,
Die kannten nur ein Thema. Ihr Stil war extrem,
recycelten sogar ihren Urin. Hanno hat es sehr begrenzte Sehnsucht nach Elter2. Das gemeinsame Kind lebte von Anfang an in einer LBTQ-Kommune
und bereitete sich auf die Entscheidung vor, welchen der 65 Geschlechter es eines Tages angehören wollen würde, Ha
nno hatte vor Tagen einen Brief von ihm in Sternchen M W D bekommen, den Inhalt aber nicht verstanden, weil der die das nach Gehör schrieb und auch nach Gehör genderte.
Nichts dagegen, dass heutzutage in der Schule nur noch alternativ gerechnet wurde,
Das Hauptfach war ohnehin Nachhaltigkeitskunde, Physik, Bio und Geografie waren abgesetzt und galten als klimaschädliches Wissen. Insgeheim gestand Hanno sich ein, dass er auch ohne sein Handy nicht rechnen konnte,
Deshalb war es ihm viel wichtiger, dass die Kinder in der Schule das effektive Wischen auf dem Touchscreen lernen und natürlich Nachhaltigkeit.
Er musste langsam los. Er öffnet das Fenster und steckt den Kopf soweit es möglich zwischen die Fenster des Stäbe um die Straße zu überblicken. Alles ruhig,
Manchmal musst du warten, bis die Gekommenen weitergezogen waren, von denen nichts niemand sicher waren. Es waren Männer, die keinen Sozialpunkt brauchten und denen sein Volksfahrrad eine leichte Beute gewesen.
Und es hätte ihnen auch noch eine Strafe gekostet, sich das Lastenfahrrad von den Gekommenen wegnehmen zu lassen, weil er als Weißbrot sie mit seinem Fahrrad Wohlstand rassistisch provoziert hätte,
aber es war viel besser geworden mit den Gekommenen. Seit es hieß, dass auch die sozial Schwachen ihren, wenn auch kleinen Betrag zur Abwendung der Klimakatastrophe leisten dürften,
das Bürgergeld klimagerecht angeglichen worden, sowie auch die Renten und auch die zahlreichen anderen sozialen Zuwendungen, zum Beispiel Krankengeld,
Daraufhin waren viele der Gekommenen weitergezogen, in andere Länder. Sie wurden jetzt Gegangene genannt,
Einige der verbliebenen Gekommenen haben sich allerdings angewöhnt durch die Städte zu streifen, die soziale Gerechtigkeit auf ihre Weise herzustellen.
Indem sie den Kartoffeln als Sühne für die koloniale Vergangenheit, Handys, Lebensmittelkarten und Volksfahrräder abzogen.
Es war nicht ratsam, sich dagegen zu wehren, die gekommenen konnten sehr rabiat werden, oft hatten sie Messer dabei, was Einheimischen verboten war,
Auch die Polizei und die Richter waren der Meinung, dass es nicht ratsam sei, die ehemals Unterdrückten mit seinem Reichtum zu provozieren,
Besser war, ihnen nicht zu begegnen, um ihnen wo es ging, auszuweichen. Besonders als Frau oder LBTQ-Mensch.
Das musst du aber wirklich los, um noch vor dem großen Ansturm zu Nachhaltigkeits- und Recycling-Sammelstelle zu kommen,
Vielleicht konnte er eine neue Biomüll-Papiertüte ergattern. Morgens haben sie manchmal noch ein paar? Dann braucht er die alte durchweichte nicht zu trocknen,
muffelte die doch schon sehr,
Das Volksrad die dunkle Treppe herunter auf die Straße. Wie war es für die Jahreszeit viel zu kühl. Ein Beweis für den Erfolg bei der Klimarettung,
schwang sich in den Sattel und trat kräftig in die Pedale,
kalte Luft erfrischte ihn und Hanno lächelte unter seiner kampferprobten FFF-Maske nachhaltig, ökologisch ein Vorbild für die ganze Menschheit. Oh ja, so wollte Hanno leben.